Kim Bormann. Bild: Ray Facility Management Group

Digitalisierung im FM – Kollege Roboter

Die Digitalisierung hat auch den Arbeitsalltag im FM stark verändert. Kim Bormann, Assistentin der Geschäftsführung bei der Ray Facility Management Group, erklärt, in welchen Bereichen sich der Fortschritt am deutlichsten auswirkt und inwieweit digitale Lösungen auch die Berufsbilder in der Branche verändert haben.  

Welche Prozesse kann man im FM digitalisieren und welche Chancen bietet Digitalisierung in der Branche?

Es gibt viele Bereiche. Der schnellste und einfachste Weg, Ressourcen und Umwelt zu schonen, ist mit Sicherheit die Einsatzplanung. So kann über Künstliche Intelligenz (KI) die Tourenplanung der Techniker erstellt werden. Revierpläne und Leistungsverzeichnisse lassen sich anpassen. Sensorik kann minutengenau die Frequenz der Benutzung darstellen: Wie häufig muss gereinigt werden, wann sind die optimalen Zeitfenster etc.? Arbeitsscheine, Arbeitsverträge, Unterlagen, Bescheinigungen, Urlaubspläne und Vertretungen werden inzwischen digital abgebildet. Digitale Zwillinge von Gebäuden ermöglichen technisch ganz neue Möglichkeiten. Es muss nicht mehr mit Quadratmeter großen Bauplänen gearbeitet werden. Zugangskarten oder Chips bieten individuelle Zugangslösungen und sind einfach zu sperren. Somit müssen nicht mehr ganze Schließanlagen getauscht werden.

Was hat Ihr Unternehmen diesbezüglich umgesetzt bzw. wie sieht die Planung aus?

Wir haben bereits unsere Zeiterfassung in den Objekten digitalisiert. Die Mitarbeiter scannen hier nur noch den QR-Code bei Arbeitsbeginn und wenn sie das Gebäude wieder verlassen. Die erfassten Zeiten werden dann direkt in das Lohnprogramm eingetragen. Wir arbeiten hier gerade an der Lösung, dass der Objektleiter auch informiert wird, wenn die Reinigungskraft nicht scannt, sodass es seltener zu Ausfällen kommt. Auch im Bereich der Arbeitsscheine haben wir Lösungen gefunden. Die Scheine werden dem Objektleiter für den aktuellen Monat angezeigt. Er kann sie nach Erledigung vom Kunden digital vor Ort unterzeichnen lassen und der Arbeitsschein ist direkt in der Abrechnung. Scheine können so nicht mehr verloren gehen und die Bearbeitung beschleunigt sich um ein Vielfaches. Das gesamte Eingangsrechungs- und Ausgangsrechnungssystem ist digitalisiert und ist in hohem Maße automatisiert. Des Weiteren testen wir aktuell weitere mögliche sich an den Bedarf des Benutzers anpassende Leistungsverzeichnisse, um uns auch hier weiterzuentwickeln und den Kunden noch individueller bedienen zu können. Wir sind auf der Suche nach einer unternehmensweiten Lösung und prüfen verschiedene Anbieter, um uns für die optimale Lösung zu entscheiden.

Beispiel Robotik – wie weit ist das Thema automatisierte Reinigungslösungen fortgeschritten?

Wir haben bereits bei unseren Kunden Robotik im Einsatz – in öffentlichen Einrichtungen und Schulen sowie in industriellen Herstellerbetrieben. Es gibt in diesen Bereichen durchaus noch Spielraum. Der betrifft vor allem die direkte Zusammenarbeit der digitalen App und Sensorik zur Übertragung an die Roboter für die automatisierte Reinigung. Auch die Zusammenarbeit und Akzeptanz seitens der Mitarbeiter des Kunden muss weiter verbessert werden. Ein Problem sind Stockwerkwechsel und geschlossene Feuerschutztüren; hier ist eine enge Zusammenarbeit der Reinigungskraft und der eingesetzten Robotik unerlässlich. Die Hauptsorge der Mitarbeiter – nämlich, dass Arbeitsplätze in Gefahr sind – muss man ihnen nehmen. Es geht vielmehr darum, Ressourcen neu zu verteilen und Mitarbeiter zu entlasten. Dadurch können wir auch auf Kundenwünsche individueller eingehen.

Wie sieht es mit der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen aus?

Das ist ein sehr großes Thema. Da wir bundesweit agieren, haben wir bereits früh damit gestartet, unsere Prozesse zu digitalisieren. Arbeitsverträge können bereits seit drei Jahren auf dem iPad ausgefüllt, unterschrieben und direkt an die Personalabteilung geschickt werden. Hier wird direkt Zeit eingespart, da wir nicht auf den Postweg warten müssen. Es geht jetzt darum, die Schnittstellen zwischen Technik und Vertriebsinnendienst sowie Customer Service zu schaffen, sodass Änderungen im LV oder Sonderleistungen direkt abgerechnet werden können und dem Objektleiter tagesaktuell zur Verfügung stehen. Für Arbeitsscheine haben wir hier bereits eine Lösung gefunden. Die Kunden wissen zu schätzen, dass sie den digital unterschriebenen Arbeitsschein auch gleich per E-Mail bekommen. So geht auch auf diesem Weg nichts verloren. Künftig wird es hin zur bedarfsgerechten Reinigung gehen. Gerade in der Pandemiezeit haben wir gesehen, dass wir mit starren Leistungsverzeichnissen nicht weit kommen. Das muss sich ändern. Hier wird über KI der optimale Reinigungsweg und Revierplan errechnet. Änderungswünsche seitens des Kunden können direkt umgesetzt werden.

Wie profitiert der technische Service von digitalen Lösungen?

Der technische Service profitiert unter anderem in Bezug auf die Sprachbarrieren. Die meisten Systeme bieten inzwischen die Möglichkeit, Reinigungsanweisungen in der Sprache des Mitarbeiters anzuzeigen. Dies ist eine große Erleichterung, denn wir leben von der Vielfalt der Kulturen. So gehen Informationen nicht verloren und der Mitarbeiter kann die Vorgaben direkt umsetzen. Vorteile für den Technischen Service bieten außerdem die Unterstützung durch Robotik, latent an den Kundenbedarf und Verkehrssituation angepasste Tourenpläne sowie die Unterstützung von Heizungs- und Lüftungstechnikern vor Ort.

Bringt Digitalisierung auch die interne Kommunikation voran?

In Teilen bringt es die Kommunikation voran. Situationen wie etwa die, dass Arbeitsscheine oder Arbeitsverträge nicht vorliegen, können so unterbunden werden. Die Kommunikation kann sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren und man verschwendet nicht unnötig Energie für solche Prozesse. Dahingehend ist eine Verbesserung erkennbar. Trotzdem muss das Zwischenmenschliche erhalten bleiben – die persönliche Ebene darf nicht verloren gehen.

Wie profitieren Ihre Kunden von einer Digitalisierung auf all diesen Ebenen?

Wir können schneller reagieren und individueller. In der Reinigung z. B kann das Nichterscheinen von Mitarbeitern direkt erfasst werden; die Einsatzpläne werden automatisch angepasst. Reinigungskräfte werden per Push-Nachricht über die Änderungen informiert, in der Faktur wird die Rechnung am Monatsende korrekt abgerechnet. Prozesse sind klar gegliedert und vereinheitlicht. Sonderlösungen werden an alle Ansprechpartner direkt weitergegeben. Es gibt keinen Informationsstau mehr. Digitale Raumpläne stehen auch den Vertretungskräften sofort zur Verfügung. Damit können keine Räume mehr vergessen werden und auch eine Vertretung findet sich schnell zurecht. Die Transparenz erhöht sich und damit auch das Vertrauen in die erbrachten Leistungen. Bestimmte Standards lassen sich bundesweit deutlich einfacher ausrollen.

Bietet Digitalisierung neue oder veränderte Berufsbilder im FM, die für Berufseinsteiger besonders attraktiv sind? 

Veränderte Berufsbilder auf jeden Fall. Ein Job im Facility Management geht heute weit über das klassische Handwerk hinaus. Der Geselle oder Meister muss sich nicht nur mit der reinen Technik auskennen, sondern es kommt die Robotik dazu und auch die digitalen Lösungen. Unsere Berufsbilder sind dadurch aufgewertet, da sie inzwischen mehr umfassen, als es üblicherweise in Handwerksberufen der Fall ist. Auch im Bereich des technischen FM hat sich viel getan. Hier muss die Fachleitung nicht mehr in jedes Objekt fahren, sondern kann seine Monteure über VR-Brillen oder Videolösungen Unterstützung anbieten. So entsteht noch mehr Zeit beim Kunden.

 

Kirsten Posautz

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